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Hautpflege und Hautschutz bei Menschen mit chronischen Wunden

Mit einer Fläche von 1,5-2 m² und einem Gewicht von 5-10 kg ist die Haut das größte Organ des menschlichen Körpers. Aus dem Zustand der Haut lassen sich wichtige Hinweise für den Ernährungszustand und Flüssigkeitshaushalt aber auch auf bestimmte Grunderkrankungen ableiten. Patienten äußern aufgrund von Hautveränderungen typische Symptome wie Juckreiz, Spannungsgefühle und Schmerzen. Diese Symptome bedeuten nicht nur eine physische sondern auch psychische Belastung und führen zu Einschränkungen in der Lebensqualität. Um Hautproblemen frühzeitig vorzubeugen, sollten Veränderungen zeitnah erkannt und entsprechend behandelt werden. Hautpflege und -schutz sind wichtige pflegerische Maßnahmen bei Menschen mit chronischen Wunden. Sie dienen dem Erhalt bzw. der Wiederherstellung der Hautschutzbarriere und der Vermeidung von Komplikationen. Dabei ist zwischen Wundrandschutz und -pflege sowie Schutz und Pflege der Wundumgebung zu unterscheiden. Nachfolgende Informationen basieren auf dem Standard des Wundzentrum Hamburg e. V.  „Information: Hautpflege und Hautschutz bei Patienten mit chronischen Wunden“ (http://www.wundzentrum-hamburg.de/fileadmin/user_upload/standards_WZ/12-2016/WZ-IN-002_V01_Hautpflege_und_Hautschutz_bei_Patienten_mit_chronischen_Wunden.pdf).

Ursachen von Hautproblemen

Es gibt verschiedene Ursachen für Hautprobleme bei Menschen mit chronischen Wunden.

Hautprobleme als Begleitsymptome der Grunderkrankung

Erkrankung Hautbefunde  
Diabetes mellitus
(Abb. 1 und Abb. 2)
  • Trockene, juckende Haut, Anhidrose (Ekzema craquelé)
  • Geschwächte Immunkompetenz
  • Bei ca. 80 % der Betroffenen Pilzinfekte (Tinea pedis)
  • Schwielenbildung (Druckulkus/Malum perforans)
  • Rhagaden (Ausbildung von Hautrissen)

Cave: Durch eine gestörte Hautschutzbarriere und nachfolgende Verletzungen der Haut können vermehrt Erreger eindringen → Infektionsgefahr!

Abb. 1: Rhagaden, trockene Haut, Pilzbefall, Druckulkus bei Diabetes mellitus

Abb. 1: Rhagaden, trockene Haut, Pilzbefall, Druckulkus bei Diabetes mellitus

Abb. 2: Pilzbefall bei Patient mit Diabetes mellitus

Abb. 2: Pilzbefall bei Patient mit Diabetes mellitus

Chronische venöse Insuffizienz (CVI) 
(Abb. 3 und Abb. 4)
  • Stauungsekzem, Beinödeme
  • Trockene, schuppige, gespannte Haut
  • Bei längerem Bestehen: Juckreiz, Nässen
  • Kleinste Hautrisse
  • Austrocknung der Haut durch Kompressionsversorgungen, z. B. Binden, medizinische Kompressionsstrümpfe

Cave: Durch Risse/Hautekzeme können Erreger eindringen → Infektionsgefahr

Abb. 3: Kratzspuren bei Patientin mit CVI

Abb. 3: Kratzspuren bei Patientin mit CVI

Abb. 4: Stauugsekzem mit nässender, schuppiger, gespannter Haut bei CVI

Abb. 4: Stauugsekzem mit nässender, schuppiger, gespannter Haut bei CVI

Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
  • Trockene, kühle bis kalte Haut
  • Aufgrund der Durchblutungsstörung schlechte Hautversorgung

Cave: Durch lokale Minderversorgung → Infektionsgefahr

 

Hautprobleme verursacht durch die Wunde

Die Einwirkung von Wundexsudat kann zu Reizung und Mazeration von Wundrand und -umgebung bis hin zu einem kumulativ toxischen Kontaktekzem führen. Nachfolgend werden typische Hautbefunde beschrieben.

Hautbefunde

  • Mazeration: weißlich, aufgeweichte Epidermis (Abb. 5) 

Abb. 5: Mazeration durch unzureichendes Exsudatmanagement

Abb. 5: Mazeration durch unzureichendes Exsudatmanagement

  • Erosion: Verlust der Epidermis durch Einwirken von Feuchtigkeit und Nässen
  • Kumulativ toxisches Kontaktekzem: ist gekennzeichnet durch Rötung, Schuppung, Entzündung, Nässen und kann bei längerem oder wiederholtem Kontakt mit Wundexsudat auftreten

Cave: Schmerzen, potentielle Vergrößerung der Wunde, Infektionsgefahr

Hautprobleme aufgrund der Therapie

Durch Hautpflegeprodukte und Wundtherapeutika können Hautreaktionen bis hin zu Entzündungen der Haut ausgelöst werden. Dabei ist das allergische Kontaktekzem (Typ IV Allergie) vom kumulativ toxischen Ekzem zu unterscheiden. Letzteres entsteht durch den immer wiederkehrenden Einfluss eines reizenden Stoffes, ist aber keine Allergie!

Hautbefunde:

  • Papeln, scharf begrenzte Rötung, Schuppung, Nässen, Juckreiz

Cave: Durch die Entzündung der Haut kann es zu Beeinträchtigung der Wundheilung sowie zu unangenehmen Empfindungen, wie Juckreiz und Schmerzen, kommen.

Diagnosestellung
Eine Diagnosestellung orientiert sich an folgendem Vorgehen.
1. Klinischer Befund
2. Spezielle Diagnostik

  • Bei Verdacht auf bakterielle Infektion: Abstrichentnahme
  • Bei Verdacht auf Pilzinfektion: Schuppendiagnostik, d. h. abkratzen von Hautschuppen; diese werden in einer Petrischale gesammelt und ins Labor geschickt
  • Bei Verdacht auf Kontaktallergie: Epikutantestung

3. Bei anhaltenden Problemen: dermatologische Vorstellung

Therapie

Nachfolgend werden, orientiert an der Erkrankung bzw. dem vorliegenden Hautproblem, mögliche therapeutische Maßnahmen aufgeführt.

Erkrankung/Hautprobleme Therapiemaßnahmen

Hautaustrocknung/Ekzema craquelé bei Diabetes mellitus, CVI oder pAVK

 

 

 

  • Reduktion von Ödemen durch angepasste Entstauungstherapie, z. B. fachgerechte Kompressionsversorgung
  • Rückfettende, hydratisierende Pflege, die an den jeweiligen Hauttyp angepasst ist; z. B. Produkte auf W/O-Basis mit Urea 5-10 % oder Glycerin
  • Schwielen: aufweichende Pflege, z. B. Salicylvaseline 5-10 %

Cave: Bei anhaltendem Stauungsekzem → dermatologische Vorstellung

Kontaktekzem

 

 

 

 

  • Meiden des Auslösers
  • Kurzfristiger Einsatz von kortisonhaltigen Salben/Cremes
  • Bei ausgeprägtem Befund oder Nichtansprechen der bisherigen Therapie ist eine weiterführende Diagnostik/Therapie erforderlich (z. B. Kortisonstoßtherapie)
  • Unbedingt dermatologische Vorstellung
  • Nach Abklingen der Akutsymptomatik rückfettende Pflege zur Wiederherstellung bzw. Erhaltung der Hautschutzbarriere nutzen

Aufweichen von Wundrand/-umgebung, Mazeration

 

 

  • Exsudatmanagement: individuell angepasste Wundversorgung; Wundauflagen mit ausreichend Saugvermögen und guter Retention nutzen; Wechselintervalle anpassen; Einsatz eines transparenten Hautschutzfilms zum Schutz von Wundrand und -umgebung

Allgemeine Hinweise zur Hautpflege bei Menschen mit chronischen Wunden

Zu einer effizienten Hydration der Hornschicht (Stratum corneum) der Haut sind grundsätzlich nur W/O-Emulsionen geeignet. Nur dieser Emulsionstyp führt zu einer guten Durchfeuchtung und schützt die Haut vor Austrocknung.

  • Pflegeprodukte benötigen keine arzneilichen Wirkstoffe, da es überwiegend auf die Eigenwirkung der Salbengrundlagen ankommt. Pflegende Stoffe, wie Dexpanthenol, pH-Puffer und Feuchthaltesubstanzen, wie Glycerin, Urea (Harnstoff), Sorbit, können hilfreich sein.
  • Keine Nutzung von O/W-Cremes, die einen hohen Wasseranteil haben, bei trockenen Hauttypen. Die Austrocknung der Haut würde durch den sogenannten Dochteffekt dieser Präparate noch verstärkt werden.
  • Bei Menschen mit chronischen Wunden treten häufig Kontaktallergien auf Salbenbestandteile, Duft- und Konservierungsstoffe sowie auch auf andere Komponenten von Lokaltherapeutika auf. Daher sollten zur Hautpflege nur dermatologisch geprüfte Präparate mit einem geringen Allergierisiko zum Einsatz kommen. Duft- und Konservierungsstoffe, Antibiotika und viele Pflanzentherapeutika sind bei Menschen mit chronischen Wunden grundsätzlich zu meiden. Zur Prävention ist eine Aufklärung der Betroffenen und ggf. auch ihrer Angehörigen eine wichtige Unterstützung.
  • Salben, Cremes und Zinkpasten nie in offene Wunden applizieren (Abb. 6).

Abb. 6: Zinkpaste auf gesamter Wundfläche

Abb. 6: Zinkpaste auf gesamter Wundfläche

  • Folienverbände und hydroaktive Wundauflagen haften nicht auf Salbenresten.
  • Cave bei Wundauflagen mit Kleberand auf gereizter, empfindlicher Haut; ggf. Einsatz von Produkten mit hautfreundlicher Beschichtung, z. B. Silikon
  • Keine Verwendung von Pudern, da sie durch Reibe- und Scherkräfte Hautreizungen auslösen und die Haut austrocknen können.

Allgemeine Hinweise zu Haut- und Wundrandschutz bei Menschen mit chronischen Wunden

  • Unterstützender Hautschutz in der Sakralregion: da in diesem Bereich Wundauflagen durch Ausscheidungen häufig unterwandert werden oder sich durch Scherkräfte leicht aufrollen, können die Ränder der Wundauflagen zusätzlich mit Folienverbänden umklebt werden
  • Schutz des Wundrandes vor Mazeration, z. B. bei lokaler Unterdrucktherapie: den Wundrand mit transparentem Hautschutzfilm, Folienverbänden, dünnen Hydrokolloidverbänden oder Stomamodellierpaste/-streifen schützen
  • Um den Wundrand weiterhin beurteilen zu können, sollten keine undurchsichtigen, dicken, verklebenden Pasten zum Einsatz kommen. Optimal ist die Nutzung eines atmungsaktiven, transparenten, nichtreizenden Hautschutzfilms.
  • Bei Pergament-/kortisongeschädigter oder dünner Altershaut Vorsicht beim Einsatz von Wundauflagen mit Kleberand aber auch bei Polyurethanschaumverbänden ohne Kleberand, die durch die Saugwirkung ihrer feinen Poren mit dem Wundgrund verkleben können; stattdessen z. B. Einsatz von Wundauflagen mit Silikonbeschichtung oder unbeschichteten Hydrogelkompressen. Bei Anhaften des Verbandes an der Haut diesen vor Abnahme anfeuchten. Bei stuhl-/urininkontinenten Patienten auf Kontinenzförderung und angepasste Hilfsmittelversorgung achten.

Autor und Quellen

Autor:

Kerstin Protz
Kerstin Protz, Krankenschwester, Projektmanagerin Wundforschung im Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP) am Uniklinikum Hamburg-Eppendorf, Referentin für Wundversorgungskonzepte, Vorstandsmitglied Wundzentrum Hamburg e.V.

Quellen:

Standards Wundzentrum Hamburg e. V. (www.wundzentrum-hamburg.de)

Protz K (2016): Moderne Wundversorgung, Praxiswissen, 8.Auflage, Elsevier Verlag, München

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